Gute Freunde unterstützen sich. Dabei gibt verschiedene Arten der Unterstützung: Praktische Unterstützung (bspw. beim Umzug), emotionale Unterstützung oder die Unterstützung mit einem Rat. Guter Rat & Unterstützung sind typische Merkmale einer guten Freundschaft.
Vielleicht stellst Du Dir die Frage: Wie sehr muss man Freunde sein, bevor man jemanden um Unterstützung bitten kann?
Meine Empfehlung ist, möglichst früh damit anzufangen; natürlich in verträglichen Dosen.

Ich kenne einige Menschen, inklusive mir, die zögern, ihre Bekannten, potenziellen Freunde und sogar Freunde um Rat oder einen Gefallen zu bitten. Manche glauben, dass sie mir ihrer Bitte dem anderen zur Last fallen oder unangenehm sind.
Dale Carnegie beschreibt in seinem Buch „Wie man Freunde gewinnt“[1] eine Situation, die eine andere Sichtweise auf die Situation gibt: Du machst Dich wahrscheinlich beliebter, wenn Du nach Rat und Unterstützung fragst. Dale Carnegie nennt dies den Franklin-Effekt.
📕 Der Franklin-Effekt
Der Franklin-Effekt ist benannt nach Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der USA. Ihm wird nachgesagt, dass er Menschen um einen Gefallen bat, um diese Menschen für sich zu gewinnen[1]. Klingt kurios? Ist es aber nicht.
Dale Carnegie in seiem Buch „Wie man Freunde gewinnt“ die Geschichte[1], dass Benjamin Franklin einen politischen Rivalen in einer wichtigen Sache für sich gewinnen wollte. Benjamin Franklin war sehr interessiert an Büchern. Er war unter anderem von Beruf Drucker, schrieb selbst Bücher und eröffnete die erste Leihbibliothek Amerikas. Er wusste, dass sein bisheriger politischer Rivale ein seltenes Buch besitzt.
Benjamin fragte, ob er sich dieses seltene Buch einmal ausleihen könnte. Der Mann soll sich von der Frage sehr geschätzt gefühlt haben. Diese Art des Verbindungsangebotes funktionierte. Wenige Wochen später arbeiteten die beiden hervorragend zusammen.
Verkäufer nutzen diesen Trick
Deshalb bitten heute einige Verkäufer ihre Kunden um einen Gefallen, damit die Kunden ihnen wohlgesinnter sind („Können Sie das kurz mal für mich halten …“). Das funktioniert erstaunlich oft.
Freundschaftliche Unterstützung!
Diese Erkenntnis ist keine Einladung, Menschen gnadenlos nach diesem Prinzip zu manipulieren – Du willst Freunde gewinnen, und nicht deine Mitmenschen manipulieren!
Aber eine Sache möchte ich Dir mit dieser Geschichte verdeutlichen: Du kannst gern um Rat und Unterstützung fragen und mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es sogar Eure Freundschaft vertiefen. Lies dazu gern weiter.

👨🏼🎓 Wissenschaftliche Begründung
Wissenschaftliche Studien unterstützen die Beobachtung, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Menschen Dich sympathisch finden, wenn Du sie um einen Gefallen bittest.
Eine Erklärung könnte das „Helpers High“ sein. Allen Luks hat in seinen Studien zum Helpers High[2] gezeigt, dass altruistisches Verhalten das Belohnungssystem in unserem Gehirn aktiviert. Dopamin wird ausgeschüttet, das Stresslevel sinkt, und man fühlt sich glücklicher. Für die helfende Person entsteht ein Gefühl von Zufriedenheit und Wirksamkeit – und Verbundenheit.
Kurz: Mach Deine (potenziellen) Freunde glücklich und frage sie um Rat & Unterstützung.
Reziprozität der Unterstützung
Robert B. Cialdini[3] schreibt, dass Menschen gern eine Reziprozität in ihren Beziehungen haben – sie mögen es, wenn eine Beziehung ausgeglichen ist. Tut mir jemand einen Gefallen, so habe ich das Bedürfnis, einen ähnlichen Gefallen zurückzugeben. Bin ich jetzt der derjenige, der in Vorleistung gegangen bin, so habe ich theoretisch einen Gefallen beim anderen gut. Das heißt: Hast Du mich um einen Gefallen gebeten, so habe ich eine Frage bei Dir gut. So vertiefen wir unsere Beziehung.
Freundschaften sollten meiner Meinung nach keine Buchführung über verschiedene Gefallen sein, und trotzdem glaube ich, dass man mit dieser Untermauerung sich durchaus trauen kann, den anderen um einen Gefallen zu bitten.
Zu viel? Frag am besten nach
Natürlich gibt es den Einwand: Es kommt auf das Maß an. Fühlen sich (potenzielle) Freunde ausgenutzt, kippt vielleicht die Freundschaft. Doch bis dahin ist viel Platz. Falls Du die Befürchtung hast, dass Du übertreibst, frage am besten direkten nach. Gute Freunde können über alles reden, auch darüber, ob sie nach zu viel Unterstützung fragen.

👍🏼 Unterstützung festigt die Freundschaft
Blumen gießen beim Freund
Andrej und Marcello hatten eine Zeit lang eine gute Beziehung, etwas zwischen lockerer Freundschaft, Arbeitskollegen sein und Weggefährten mit ähnlichen Interessen. Auf jeden Fall schätzten sie sich sehr und verbrachten gern Zeit miteinander.
Es kam, dass Andrej aus beruflichen Gründen in einen anderen Ort zog. Sie verloren sich aus den Augen und hatten nur noch selten Kontakt.
Doch dann zog Andrej wieder zurück in die Stadt, wo auch Marcello wohnte; nur fünf Gehminuten voneinander entfernt. Grund genug, die alte Verbundenheit aufleben zu lassen!
Sie gingen ab und zu essen und luden andere Personen zu ihren Essensrunden ein. Einmal die Woche gingen Sie auf den Sportplatz. Jetzt wurde es Zeit für den nächsten Schritt in ihrer angehenden Freundschaft.
Zeit für den nächsten Schritt
Andrej hatte darüber gelesen, dass man neue Bekannte oder Freunde durchaus um einen Gefallen bitten kann, um die Beziehung weiter zu vertiefen.
Deshalb fragte Andrej Marcello, ob er seine Blumen gießen kann, während er im Urlaub ist.
„Natürlich!“, sagte Marcello und freute sich über das Vertrauen, dass Andrej ihm entgegenbrachte.
Gleichzeitig bedeutete es für Marcello, dass er Andrej später auch darum bitten kann, seine Blumen zu gießen.
Das nächste Tor zur Freundschaft war aufgestoßen. Einer muss ja den ersten Schritt machen.
Antons Umzug
Anton ist gerade für sein Studium nach Köln gezogen.
Besser gesagt: Die Wohnungsschlüssel hatte er schon, doch der Umzugswagen kommt erst am Wochenende.
Zahlreiche Kartons und viele Möbel mussten in die dritte Etage. Das allein mit seinem Vater zu bewältigen, wirkte etwas viel. Anton hatte noch keine Freunde in Köln, noch nicht einmal flüchtige Bekannte, die er um Unterstützung bitten konnte.
Nachfragen in der Hausgemeinschaft
Deshalb versuchte er sein Glück: Er machte einen Aushang im Treppenhaus und bat für den Samstag von 10 bis 12 Uhr um Hilfe. Gleichzeitig klingelte er an ein paar Türen im Haus und fragt direkt nach.
Ja, das ist ganz schön viel verlangt, wenn man sich noch nicht kennt! Gleichzeitig bot Anton an, dass er zum großen Pizza-Essen am Mittag einlädt. Man könnte auch dazu kommen, wenn man nicht beim Umzug helfen kann. Auf die neue Nachbarschaft!
Es fanden sich tatsächlich vier Personen, die mit anpackten.
Zum Pizza-Essen kamen 9 Leute, jeweils die Partner oder Kinder der Umzugshelfer. Sie brachten sogar Essen, Teller, Becher und Besteck mit, dass sie mit allen teilten. Antons Einzug wurde ein kleines Fest der Hausgemeinschaft, die sich zwischen den Umzugskartons besser kennenlernte.
Gleichzeitig war Anton gleich nach seinem Einzug ein anerkannter Teil der Hausgemeinschaft.

💬 Guter Rat festigt die Freundschaft
36 Fragen zum Verlieben
Im Jahr 1997 hat der Wissenschaftler Arthur Aron[4] mit seinem Team ein interessantes Experiment gemacht. Sie wollten herausfinden: Wann verlieben sich Menschen schneller? Wenn Sie ein normales Gespräch führen, oder wenn sie sich gezielt über tiefe Themen ihres Lebens unterhalten?
Du kannst Dir vorstellen: Das tiefe Gespräch (Deep Talk) war der Schlüssel zum Glück. Menschen hatten eine höhere Wahrscheinlich zueinander zu finden, wenn sie tiefe Gespräche miteinander führten anstatt oberflächlicher Gespräche.
Jedoch gab es bei dem Experiment deutlich mehr Frauen als Männer. So gab es viele Paare, die gleichgeschlechtlich waren und heterosexuell. Das Interessante war, dass aus den tiefen Gesprächen mehr Freundschaften entstanden als aus den normalen Gesprächen. Deep Talk ist also auch für Freundschaften förderlich!
Eine der Fragen lautete: „Schildere ein persönliches Problem und frage Dein Gegenüber um Rat, wie er oder sie damit umgehen würde. Bitte Dein Gegenüber außerdem, Dir zu sagen, wie er oder sie glaubt, wie Du Dich mit dem Problem fühlst.“
Das Ergebnis: Nach Rat fragen fördert die Freundschaft.

Guter Rat: Selbstoffenbarung
Gute Freunde kann man um Rat fragen. Der Vorteil ist: Man vertraut sich und kann auch Dinge ansprechen, die man nicht unbedingt jedem erzählen möchte.
Freunde kennen oft schon die Vorgeschichte
Freunde oder Freundinnen kennen sich gut. Für einen Rat kennt der Freund oder die Freundin bereits die Vorgeschichte und hat vielleicht bereits einen tieferen Blick. So kann die Freundin vielleicht sagen: „Hattest Du nicht schon beim letzten Mal das gleiche Thema?“
Am Wohlergehen interessiert
Ein Qualitätskriterium von Freundschaften ist, dass Freundinnen und Freunde wirklich Interesse am Wohlergehen des Freundes haben. Für einen Rat und vielleicht ein tieferes Ausleuchten der inneren Konflikte ist eine Grundmotivation da.
„Schwäche“ zeigen
Einen Rat einzuholen bedeutet oft, eine vermeintliche Schwäche zuzugeben. Da ist etwas, mit dem ich nicht weiterkomme, wo mein eigener Horizont zur guten Lösung nicht mehr ausreicht oder ich allgemein einfach Unterstützung brauche. Eine solche Schwäche zuzugeben, sich verletzlich zeigen zu können, ist eine Qualität von Freundschaften.
Ab wann kann ich mich so aufmachen?
Auch hier ist die Frage: Wann fange ich damit an? Wie viel Vertrauen braucht man miteinander, bevor man so aufmachen kann?
Auch hier ist mein Tipp: Der Weg entsteht beim Gehen.
Eine Person, mit welcher ich potenziell eine Freundschaft führen möchte, kann ich gezielt einmal nach einem Rat fragen – vielleicht fange ich mit einem kleinen Thema an, und schaue, wie die Person reagiert.
Gleichzeitig öffne ich damit eine Tür: Frage ich um einen Rat, lädt das mein Gegenüber auch dazu ein, mich um einen Rat zu fragen. Eine Beziehung entsteht.

✨ Emotionale Unterstützung
Ein Aspekt einer guten Freundschaft ist, dass zwei Menschen ihre Emotionen in positiver Weise miteinander regulieren.
Kurzum: Es geht uns gut, wenn Freunde in der Nähe sind. Allein das ist schon eine wirklich großartige Eigenschaften von Freundschaften.
Emotionale Unterstützung in schwachen Zeiten
Doch Freunde und Freundinnen können noch mehr. Es gibt durchaus Momente im Leben, in denen es einem nicht so gut geht – warum auch immer.
Dann tut es gut, einen Freund oder eine Freundin anzurufen oder besser noch, zu treffen. Die Anwesenheit wirkt beruhigend.
Oft hilft guter Zuspruch, eine Umarmung, ein nettes Kompliment oder die Erinnerung daran, was Du schon großartiges im Leben geschafft hast.
Zu wissen, dass man nicht alleine durchs Leben geht, sondern gemeinsam, wirkt für viele beruhigt und sehr angenehm. Manchmal hilft es auch einfach, eine warme Suppe zu bekommen und ein normales Gespräch zu führen.
Nach Unterstützung fragen
Es wunderschön, wenn andere erkennen, dass man diese Unterstützung braucht. Doch manchmal muss man danach fragen: „Kann ich kurz vorbeikommen? Mir geht es nicht gut?“
Manchmal ist auch die banale Frage: „Wie geht’s?“ ein guter Starter, um sich gegen das allgemein gebräuchliche „Gut“ zu entscheiden und stattdessen zu antworten mit: „Wenn Du mich ehrlich fragst: Gerade nicht so gut. Bei mir ist gerade folgendes los: …“.
Natürlich kann man in guten Zeiten auch mit den guten News aufwarten: „Wenn Du mich ehrlich, dann gerade richtig gut! Und zwar ist bei mir gerade folgendes los: …“
Ab wann frage ich nach emotionaler Unterstützung?
Auch hier entsteht der Weg beim Gehen. Eine oder einer fängt damit an, und die Türe zur besseren Verbindung kann aufgehen.
Das ist natürlich keine Garantie für eine Freundschaft! Doch jeder Schritt aufeinander zu macht fühlbar, ob es miteinander passt: Bekanntschaft, lockere Freundschaft oder vielleicht sogar Freunde fürs Leben?
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- [1] Carnegie, D. (2010). Wie man Freunde gewinnt: Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch (bei Amazon bestellen (Werbung)A)
- [2] Allan Luks, Peggy Payne (2001). The Healing Power of Doing Good. iUniverse.com (bei Amazon bestellen (Werbung)A)
- [3] Robert B. Cialdini (2001). Die Psychologie des Überzeugens (6. Aufl., übers. V. Franziska Geiger). München: Campus Verlag (bei Amazon bestellen (Werbung)A)
- [4] Aron, A., Melinat, E., Aron, E. N., Vallone, R. D., & Bator, R. J. (1997). The experimental generation of interpersonal closeness: A procedure and some preliminary findings. Personality and Social Psychology Bulletin, 23(4), 363–377. https://doi.org/10.1177/0146167297234003