Vier Jahre lang war ich Mitglied eines Toastmaster-Clubs in Berlin, ein Rede-Club (nicht Debattierclub!). Vordergründig lernten wir, vor kleinem Publikum eine gute Rede zu halten. Doch gewonnen habe ich eines, womit ich nicht gerechnet habe: Ich habe mit Toastmasters neue Freunde und viele Bekanntschaften gefunden.
Neben eine „gute Rede halten“ war die eigentliche Melodie der Toastmasters: Sich gegenseitig zu unterstützen, die eigenen Ängste zu überwinden und gemeinsam Spaß zu haben. Beste Vorraussetzungen, um Freunde zu werden.

🗽 Reden vor Publikum
Bei Toastmasters lernt man, vor einer Gruppe eine Rede zu halten. Damals kämpften die meisten mit Angst & Nervosität (auch ich!). Die Angst und Nervosität nahmen von Rede zu Rede ab. Gleichzeitig gab es Lernprogramme, um wirklich bessere Reden zu halten (Struktur, Einleitung, Körpersprache, Stimme, …). Das ist auch heute noch so.
Einige schafften es bis zur Redefreude!
Einige von uns schafften es sogar in europäische Redewettbewerbe (ich nicht!).
Viele kamen zu Toastmasters, weil sie im Beruf plötzlich Präsentationen halten mussten oder Meetings leiten – und dabei arg nervös waren. Nur einige wenige kamen, um ihre schon guten Rede-Skills weiter auszubauen. Das war eher selten.
Die eigentliche Melodie, die Toastmasters ausmachte, war, dass sich bisher fremde Menschen dabei unterstützten, ihre Ängste zu überwinden. Jede und jeder, die nach vorn ging und ihre Rede hielt, konnte sich der Unterstützung der anderen sicher sein.
Für manche fühlte es sich trotzdem fast wie Sterben an. Abenteuer auf höchstem Niveau!
Wie sagte Mark Twain: „Das menschliche Gehirn ist eine großartige Sache: Es funktioniert vom Moment der Geburt an bis zu dem Zeitpunkt, an dem du aufstehst, um eine Rede zu halten.“
Diese Momente gemeinsam zu bearbeiten, das schweißte zusammen.
🐞 Vom Gast zum Gastgeber
Es gibt noch ein drittes Element bei den Toastmasters, um die eigenen sozialen Fähigkeiten zu verbessern. Es fing an, wenn jemand Neues zur Tür hereinkam.
Als Toastmasters wussten wir von unserem ersten Tag. Die meisten sind nervös, bevor sie zu ihrem ersten Toastmaster-Treffen kommen.
Deshalb gab es bei uns eine angenehme Angewohnheit unter den Toastmasters, die viele schnell verinnerlichten: Gleich in den ersten Momenten kommt jemand auf Dich zu, reicht Dir die Hand, stellt sich vor, fragt nach Deinem Namen und fängt ein kleines Gespräch an. Kein stummes Rumsitzen, kein Small-Talk mit einem ebenso schüchternen Nachbarn, sondern persönliches Kennenlernen vom ersten Moment an.
Das war das dritte Element der Toastmasters war in meiner Zeit: Auf Gäste zugehen und ihnen helfen, gut bei uns anzukommen. Es würde mich wundern, wenn es heute anders ist.
Außerdem gab es bei uns im Verein ein Mentorenprogramm. Dabei haben wir nach Möglichkeit Menschen miteinander verbunden, die zueinander passen und potenziell auch gute Bekannte werden könnten (wenn nicht gar Freunde). Das war nicht Bedingung, sondern es ging erst einmal nur darum, das Ankommen im Verein zu erleichtern – bis man möglichst bald selbst Mentorin oder Mentor wurde.
Unsere Erkenntnis war: Man fühlt sich maximal so lange als Gast, bis man selbst als Gastgeber tätig wird. Dass die Toastmasters dabei selbst ihre sozialen Fähigkeiten ausbauten, ist ein offenes Geheimnis – und genau war das Ziel, dass der Verein hatte.
Seit 10 Jahren bin ich nicht mehr Mitglied bei Toastmasters. Mein Absprung war, dass ich auf Weltreise ging. Danach bin ich nicht wieder in meinen alten Verein eingetreten, aber ich habe behalten: Zwei Freundschaften und viele gute Bekanntschaften.
Mein Toastmaster-Verein war damals mein erster Anlaufpunkt in Berlin, wo ich wirklich Leute aus meinem Stadtviertel kennengelernt habe. Gekommen bin ich mit dem Wunsch, gute Reden zu halten. Gegangen bin ich mit guten Freunden und Bekannten.
Was mir natürlich auch blieb: Die sozialen Kompetenzen, gute Reden halten zu können, auf Menschen zuzugehen und ein Auge für neue Gäste in einer Gruppe zu haben. Gewissermaßen ist das mein Beruf geworden.
Das Aussteigen habe ich als normal bei den Toastmasters wahrgenommen. Es gab soetwas wie eine natürliche Zeit der Mitgliedschaft. Ich beobachtete eine Zeit zwischen zwei und vier Jahren. Dann hat man das meiste mindestens einmal erlebt, seine wesentlichen Reden gehalten und es war für viele eine natürliche Zeit zum weiterzuziehen.
Einige bleiben länger, weil sie ihre Redefähigkeiten im Detail verfeinern wollten, für ihren Beruf das ausgezeichnete Netzwerk schätzen oder als Freunde einfach dabeigeblieben sind. Sie sind das langfristige Rückgrat der Organisation.
Eines kann ich noch heute immer wieder beobachten: Wie unsere Augen aufblitzen, wenn ich von jemanden erfahre, dass er oder sie auch bei den Toastmasters war. Außerdem spüre ich eine gewisse Art der Hospitality (Gastfreundschaft) bei ehemaligen Toastmasters.
Und natürlich – wenn jemand eine großartige Rede hält, dann kann ich es fast raten: Sie oder er waren mal bei den Toastmasters.
🗺 Toastmasters bei Dir
Toastmasters gibt es weltweit, vielleicht auch in Deiner Stadt. Ich war schon bei Toastmaster-Vereinen in Hiroshima (Japan) und in Bangkok (Thailand) zu Besuch. In Deutschland findest Du Toastmaster-Clubs auf Deutsch und Englisch, manchmal auch auf Französisch oder Spanisch.
Clubs in Deiner Nähe oder weltweit findest Du unter: https://www.toastmasters.org/find-a-club
Falls Dir die erste Veranstaltung nicht gefällt oder Du niemand getroffen hast, der Dir zusagt – komm mindestens ein zweites Mal. Bei uns waren jede Woche neue Gäste und zirka ein Drittel der Mitglieder wechselten über das Jahr (irgendwann hatte man ausgelernt …).
🚩 Andere Vereine
Vielleicht willst Du Dich garnicht im Reden üben üben wollen, magst Toastmasters nicht oder Du hast keinen Club in Deiner Stadt. Schade.
Im Grunde genommen ging es mir auch nur um das Prinzip, dass es Vereine und Organisationen gibt, in denen man Anschluss findet und gleichzeitig lernt, einladend Anschluss für andere herzustellen.
Vielleicht kennst oder findest Du ähnliche Organisationen. Lass es mich gern wissen.

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